Zerreiche: Wissen für Erwachsene
I. „Guten Tag!“
Herzlich Willkommen auf der Erwachsenenseite der Quercus Cerris.
In den folgenden Abschnitten bekommen sie eine Mischung aus detaillierten Daten, schon bekannten Fakten, aber auch neuen, außergewöhnlichen Aspekten der Zerreiche.
Viel Spaß!!!
II. Die Zerreiche im Überblick
Um gleich zu Beginn die wichtigsten Daten der Zerreiche zu erfahren, können Sie sich in der nachfolgenden Tabelle informieren.
Mehr Details folgen im weiteren Verlauf der Webseite!
Höhe | bis zu 35m2 (ungefähr die Höhe des Kulmbacher Rehturm!) |
Stammdurchmesser | 60-200cm |
geschätztes Höchstalter | 200 Jahre |
bevorzugte Temperatur | 4-19°C im Durchschnitt |
Form | gerader Stamm und gleichmäßige Krone |
Wachstum | relativ schnell wachsende Art (industrieller Nutzen schon ab 12 Jahren möglich) |
Artenvielfalt | hoher ökologischer Wert (Nahrungsquelle, Lebensraum, Pflanzenwelt) |
Waldgesellschaft | Eichen, Rotbuchen, Ahorne, Kastanien, Tannen, Kiefern, Buschwerk |
Nutzen | Holzverarbeitung, Brennholz, Papierherstellung |
Blätter | dunkelgrün, leicht gebuchtet, bis zu 12cm lang |
Blüten | circa 10cm lang, grün-rötlich |
Zweige | grau und filzig, kleine rotbraune Knospen |
Borke (=Rinde) | graubraun und tiefrissig |
Wurzelsystem | Pfahlwurzeln und tiefe Seitenwurzeln |
III. Natürliche Verbreitung
Hier können Sie etwas über die Eiche und ihre Gesellschaft erfahren:
Das ist interessant:
- Vorkommen: von ca. 450-550m Seehöhe (üNN)
- Arboretum auf ca. 450m (üNN)
- Eiche oft in Gesellschaft mit anderen Eichen, Kastanien, Hainbuchen, Kiefern1
- Temperaturen von bis zu -20°C kein Problem2
- gerne im Sonnenlicht und Halbschatten
Die folgende Karte zeigt das natürliche Verbreitungsgebiet der Zerreiche:
Das ist interessant:
- Beispiele Herkunftsländer: Albanien, Bulgarien, Ungarn, Slowenien, Italien (–> Mittelmeerraum)
- außerdem teilweise: Schweiz, Türkei
- sommerliche Temperaturen
IV. Die Zerreiche in Kulmbach
Wieso ist die Zerreiche eigentlich Teil des Kulmbacher Aboretums?
Die Zerreiche in Deutschland
Wie Sie ja schon erfahren haben, gilt Deutschland nicht als natürliches Verbreitungsgebiet der Zerreiche. Trotzdem kann man innerhalb der Bundesrepublik einigen Exemplare von Quercus Cerris finden. So zum Beispiel im Ökologischen-Botanischen Garten der Universität Bayreuth, im Coburger Hofgarten oder im Botanischen Garten Bonn, um nur ein paar Exemplare zu nennen. Hinzu kommen die vielen Bäume, die in privaten Gärten oder Parkanlagen stehen. Die Zerreiche wird nämlich auch außerhalb von botanischen Gärten immer bekannter und beliebter.
Die Zerreiche im Kulmbacher Arboretum
Man geht davon aus, dass die Zerreiche mit ihrer Beschaffenheit geeignet ist, um in unseren heimischen Wäldern zurecht zu kommen. Deswegen ist sie Teil des Kulmbacher Arboretums und es wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zeigen, wie sie sich entwickelt und ob sie als Ergänzung für die heimischen Baumarten dienen kann. Es gilt aber stets zubeachten, dass ein Arboretum immer ein Experiment ist und man noch keine klare Aussagen über die Zukunft der Quercus Cerris in Kulmbach treffen kann!
V. Standort
Nun erfahren Sie alles rund um den Standort der Zerreiche. Wie ist die optimale Bodenbeschaffenheit? Welchen Lebensraum bietet die Eiche? Informationen dazu und Weiteres erhalten Sie, indem Sie auf die bunten Felder drücken!
Boden
Bevorzugt wächst die Eiche auf frischen und lockeren Böden, in denen die Wurzeln gut wachsen können. Sie kommt aber auch mit trockenen Böden ganz gut zurecht. Negativ wirken sich sehr nasse Böden auf die Eiche aus1!
Temperatur und Niederschlag
Die Eiche gedeiht am Besten bei einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge von ca. 400-3000mm (natürliches Verbreitungsgebiet) und bei einer Jahresmitteltemperatur von ca. 6-15°C. Im Vergleich dazu Kulmbach mit einer Niederschlagsmenge von ca. 650mm und einer Durchschnittstemperatur von 9,1°C2,8,9.
Wurzeln
Die Zerreiche ist wie die anderen Eichenarten (z.B. Roteiche oder Stieleiche) ein Tiefwurzler, d.h. sie bildet tiefe Pfahlwurzeln aus. Dadurch ist es ihr möglich auch festere Bodenschichten zu durchdringen und tiefer gelegene Wasserschichten zu erreichen. Diese tieferen Wurzeln geben der Eiche großen Halt, dadurch ist sie weniger anfällig für Sturmschäden1,2,15.
Konkurrenz
Die Zerreiche wächst bereits in jungen Jahren relativ schnell, außer bei hoher Dichte der „krautigen Vegetation“1. Krautige Vegetation sind zum Beispiel Blaubeeren, die auch innerhalb des Arboretums wachsen. Um der Zerreiche einen möglichst optimalen Standort zu bieten, wurde noch vor der Pflanzung der Blaubeerenbestand innerhalb des Arboretums ausgedünnt und an einigen Stellen komplett entfernt. Diese Maßnahme zusammen mit genügend Abstand zwischen den Eichensetzlingen führt dazu, dass sich die Pflanzen nicht gegenseitig behindern!
Invasivität
Invasivität bedeutet in der Pflanzenwelt, dass sich Neu-Pflanzen (sog. Neophyten) in einem Gebiet unkontrolliert ausbreiten und dem hiesigen Ökosystem schaden, indem sie zum Beispiel heimische Arten verdrängen. Bei der Zerreiche wurde in England teilweise eine solche unkontrollierte Ausbreitung festgestellt und sie ist deswegen als „potentiell invasiv eingestuft“1,3. In Deutschland steht die Quercus Cerris unter dem Forstvermehrungsschutzgesetz2,3.
Lebensraum Zerreiche
Experten sind der Meinung, dass die Zerreiche einen unschätzbaren ökologischen Wert hat4. Sie dient vielen Säugetieren, wie zum Beispiel Wildschweinen oder Rehen, als Nahrungsquelle und eine große Anzahl an Vogelarten ernährt sich von den besonders nahrhaften Eicheln der Quercus Cerris. Hinzukommt die Funktion als Bienenweide, also als Pflanze die sehr oft von Bienen angeflogen wird2. Vorab haben Sie bereits erfahren, dass die Zerreiche vorwiegend in Laubmischwäldern zusammen mit anderen Baumarten vorkommt. In Mitteleuropa kann man sie vor allem in riesigen Eichenwäldern zusammen mit der Flaumeiche finden. Dort bietet sie neben der Nahrungsquelle auch einen natürliche Schutz für Tiere unter ihrer ausladenden Krone. Außerdem wird sie auch heute gerne als Parkbaum genutzt und spendet den Menschen einen angenehmen natürlichen Schatten4.
VI. Blüte, Früchte und Blätter
Dieser Abschnitt informiert über die Blüten und Samen der Zerreiche. Zudem erfahren Sie Details über die Früchte und Blätter.
Das ist interessant:7
- Eichel bis zu 3cm lang und abgeflachte Spitze
- ca. 1,8cm im Durchmesser
- direkt auf Zweig sitzend oder an kurzem Stiel
- meist zur Hälfte vom Becher (Schale) eingeschlossen
- Becher behaart und ca. 1cm lang
- lange, filzige Schuppen
- Eichel bis zu 2 Jahre Reifezeit5,6,15
Das ist interessant:7,14
- Eiche wirft Laub ab
- Maße: ca. 6-13cm x 3-8cm (unterschiedliche Größen)
- Form: länglich-elliptisch
- 5-12 Paare Seitennerven (sichtbar als „Verzweigungen“)
- Blattspitze stumpf
- Blattstil: ca. 0,5-2,0cm lang
- Farbe: oben dunkelgrün und rau, unten leicht blass grün
- Behaarung: sternförmige, kurze Behaarung (oben & unten)
Das ist interessant:
Da die Blätter der Zerreiche oft von Baum zu Baum sehr unterschiedlich aussehen können (z.B. Farbgebung, Maserung oder Form), wurden vor allem in der Anfangszeit der Botanik manchmal Fehler bei der Zuordnung von Eichensetzlingen gemacht. Später hat sich dann herausgestellt, dass viele Setzlinge von der Quercus Cerris „abstammten“6.
Das ist interessant:7
a) Zweige:
- knorrige Zweige
- leicht behaart und graubraune Farbe
b) Knospen:
- Knospen ca. 3-4mm lang (eiförmig)
- behaarte Nebenblätter und gedrehte Schuppen
c) Blüten:
- männliche Blüten im Juni:
- Blüten an hängenden Kätzchen (ca. 5-6cm lang)
- Farbe: karminrot bis gelbbraun
- weibliche Blüten:
- an kurzem behaarten Stiel
- 4 Griffel
–> Samen können bis zu 3km weit fliegen5!
VII. Umweltrisiken der Zerreiche
So wie bei fast allen Pflanzen dieser Erde gibt es auch Umwelteinflüsse, die der Zerreiche schaden. Man kann sie in biotische (=belebte) Faktoren und abiotische (=unbelebte) Faktoren einteilen. Der folgende Abschnitt soll einen Überblick über die wichtigsten Umweltfaktoren geben.
Insekten: (z.B. Schwammspinner, Prozessionsspinner)2
Interessantes zu den Bildern
Bild links: Foto eines Honiggelben Hallimaschs
Bild rechts: Foto vom Arboretum der Zerreiche
VIII. Ökologischer und ökonomischer Nutzen der Zerreiche
In diesem Abschnitt dreht sich alles um das Thema „Nutzen“. Auf der einen Seite steht immer der ökonomische, also wirtschaftliche Nutzen, der besonders für den kommerziellen Waldbau eine wichtige Rolle spielt. Ebenso wichtig ist aber auch die Frage nach dem ökologischen Nutzen!
Ökologischer Nutzen
– Lebensraum für eine große Vielfalt an Tieren (z.B. Wildschweine, Rehe, Vögel)
– Zerreiche oft als Allee- und Parkbaum gepflanzt1,2
– dient als Bodenschutz (z.B. bei Überschwemmungen oder Erosion)
– Bietet Nahrungsquelle und speziell für Bienen ist sie eine Bienenweide1,2
– Biomassefunktion (wichtig für z.B. CO2-Abbau)1
– könnte immer größer Rolle für die Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel spielen4
–> Testbaum in Arboreten
– Privater Erwerb von Setzlingen teilweise erlaubt –> immer größere Zahl in privaten Gärten und Parks
Ökonomischer Nutzen
– Holz leicht sägbar, schleifbar, streichbar und färbbar12
– Verklebung (von Furnier) leicht möglich12
– sehr gut als Brennholz einsetzbar (hohe Dichte)2,12
– Hochwertige Stämme im Schiffsbau, Innenausbau und für Paneele verwendbar12
– Papierindustrie zur Gewinnung von Lignin & Cellulose12
– Produktion von Bahnschwellen und in den USA Verwendung als Bauholz15
– in der traditionellen mediterranen Medizin zur Behandlung von Infektionen eingesetzt.
– außerdem mögliche Wirkung gegen Erreger Staphylococcus aureus (Staphylokokken)1,2,15
–> insgesamt aber eher geringwertig für Nutzungszwecke, da Holzqualität oft ungenügend1
IX. Zukunftsaussichten
Wie wird es der Zerreiche in Bayern (Kulmbach) in der Zukunft gehen? Dazu gibt es mehrere Expertenmeinungen, unter anderem auch die der Kulmbacher Stadtförsterin Carmen Hombach, die freundlicherweise für ein Interview zur Verfügung stand.
„Die Prognose für die Zerreiche im Klimawandel ist sehr positiv. Dort, wo bis jetzt die niedrigen Wintertemperaturen zu einem erhöhten bis sehr hohen Anbaurisiko führen, wie z. B. in den ostbayerischen Mittelgebirgen, wird dieses mit den steigenden Temperaturerhöhungen zukünftig sinken. In weiten Teilen Bayerns ist der Anbau von Zerreiche in Zukunft mit einem geringen bis sehr geringem Risiko möglich12.“
„Die Zerr-Eiche kann in Verbund mit anderen Laubholzarten einen tollen Mischwald bilden, der durchaus zukunftssicher bestehen wird. Die Ausgangslage ist gut und die Zukunft wird zeigen, wie sich die Zerr-Eiche bei uns entwickelt. Insgesamt bildet das Arboretum eine sehr gute Möglichkeit […] eigene Erfahrungen zu sammeln19.“